Hexenverfolgung |
Ein dunkles Kapitel im Mittelalter waren die Hexenverfolgungen durch die Inquisition. Zu allen Zeiten und überall liefen Zauberer, Magier und Schamanen beiderlei
Geschlechts Gefahr, vor allem im Falle des Mißlingens einer Heilung oder sonstigen wichtigen Handlungen, von ihren Stammesgenoßen verachtet, mißhandelt, vertrieben
oder sogar getötet zu werden. Von einer systematischen Verfolgung konnte allerdings nirgendwo die Rede sein. Etwa bis zum dreizehnten Jahrhundert waren die Verhältnisse
vergleichsweise harmlos. Im dreizehnten Jahrhundert änderte sich die tolerante Einstellung, als unter anderem von Thomas von Aquin postituliert wurde, jede zauberische
Handlung bedürfe einen Pakt mit dem Teufel, der durch die schändliche Buhlschaft besiegelt werde. Damit wurde die Hexerei (maleficium) konkret und faßbar, und - da die
Teufelsbuhlschaft natürlich einen Abfall vom Christentum bedeutete - als Ketzerei etwas, mit dem sich nun die Inquisitionsgerichte zu befassen hatten.
So war der Prozeß der systematischen Verfogung und Ausrottung der Hexen in Gang gesetzt, und die - soweit bekannt - erste Unglückliche, die den Feuertod erleiden musste
war eine Frau aus Südfrankreich, der man im Jahre 1239 eine Gemeinschaft mit dem Teufel und Hexerei vorwarf. Dennoch konnte man aber von einem eigentlichen Hexenwahn noch
nicht sprechen - und es wäre durchaus möglich gewesen, dass die Hexenverfolgungen allmählich im Sande verlaufen wären, wenn nicht Ende des fünfzehnten Jahrhunderts Papst
Innozenz VIII. zwei Dominikanermönchen befohlen hätte, mit äußester Strenge und Härte gegen Hexen und Zauberer vorzugehen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, verfaßten die beiden
den berühmt-berüchtigten Hexenhammer, den Malleus Maleficarum. Dessen erstmalige Publikation 1487 brachte die Hexenverfolgungen erst richtig in Gang. Von nun an war es ziehmlich
einfach, sich einer ungeliebten Person zu entledigen. Die Inquisition hatte überall ihre Späher, die immer ein offenes Ohr für neue Denunziationen hatte. In manchen Städten
wurde sogar eine Belohnung in Form von einigen Talern dem Denunzianten für die Meldung einer neuen Hexe gezahlt. Die Hauptanklagepunkte waren zwar der Verkehr mit dem Teufel und
der Hexensabbat, dennoch dürften die meisten Verleumdungen privater Natur gewesen sein. Häufig war Neid der Grund für die Beschuldigungen und die anschließende Auslieferung an
die Inquisition. Prächtigere Blumen im Garten der Nachbarin, Missernten und Naturkatastrophen. Die Fantasie der Denunzianten war schier unerschöpflich. Gegen Ende des sechzehnten
Jahrhunderts hatte der Hexenwahn, geschürt von Hungersnöten und Pesepidemien verheerende Ausmaße angenommen.
Befand man sich erst einmal in den Händen der Inquisition, gab es in den seltensten Fällen ein Entkommen. In dunklen Verliesen warteten
die Gefangenen unter unmenschlichen Bedingungen auf ihren Prozess. Viele Städte hatten auch sogenannte "Hexentürme", die teilweise bis in die heutige Zeit noch als Denkmäler zu
besichtigen sind. Nach tagelanger Haft führte man sie dem Inquisitionsgericht vor. Die Richter verlasen nun die Anklagepunkte und die beschuldigte Hexe hatte nun die Möglichkeit,
sich zu den Vorwürfen zu äußern. Es wurde auch nach dem "Stigma diabolicum", dem Teufelsmal gesucht, denn man war der Meinung, dass der Teufel der Hexe ein Zeichen aufgedrückt hatte.
Hierzu wurden sämtliche Körperhaare entfernt und ein Büttel stach mit einer langen Nadel, die häufig auch manipuliert war in Muttermale, Warzen und Hautverfärbungen. Zeigte die so
behandelte Delinquentin keinen Schmerz konnte man sicher sein, dass es sich um eine Hexe handelt. Das Gericht befragte die Beschuldigten mehrmals ob sie ihre Untaten gestehen mögen,
und so ihre Seele wieder in den Schoß der Kirche legen mögen. Die meisten leugneten alle Anschuldigungen und so fuhr man mit der Folter, der peinlichen Befragung fort. Man begann mit
der sogenannten "territio". Der Angeklagten wurden zunächst alle Folterinstrumente gezeigt und grausam genau dessen Anwendung erklärt. Einige sollen bereits hier schon gestanden haben,
eine Hexe zu sein. Beharrten die Delinquenten jedoch auf ihre Unschuldigkeit begann der erste Grad der Folter. Häufig waren dies die Daumenschrauben.
Per Gesetz war es der Inquistion nicht erlaubt, mehrmals zu foltern. Um diesen Beschluss zu umgehen, wurde die Folter einfach unterbrochen
und anderntags einfach fortgesetzt. Nach dem Anwenden der Daumenschrauben waren bereits viele so geschwächt, dass sie unter den ständigen Fragen des Inquisitors und der unsäglichen
Schmerzen zusammenbrachen und alles gestanden was das Gericht hören wollte. Oft wurden unter Schmerzen auch noch weitere Namen von Frauen und Männer, die sich der Hexerei schuldig
gemacht haben, preisgegeben. Beharrte man aber weiterhin auf seine Unschuld, wurde der zweite und dritte Grad der Folter angewandt. Mit auf den Rücken gebundenen Armen wurden die Opfer
aufgezogen und an ihren Füßen bis zu 60 Kilo schwere Gewichte befestigt. Häufig wurde auch noch mit nassen Ruten auf die geschundenen Leiber eingeschlagen. Hatte die Inquisiton nun
durch die Folter ein Geständnis erpreßt, musste die Angeklagte dieses nochmals vor dem Gericht wiederholen. Tat sie dies nicht, galt sie als unbußfähig. In vielen Folterkammern war
hierfür eigens ein Loch gemauert, dessen Schacht direkt in die Amtstube führte. Die Richter konnten so sofort das Geständnis zur Kenntnis nehmen.
Das Todesurteil durch das reinigende Feuer wurde gesprochen. Der Weg zur Richtstätte war lang und beschwerlich. Viele mussten getragen werden oder wurden in vergitterten Wägen dorthin gefahren.
Die "Sünderglocke" begleitete den Zug hinaus aus der Stadt. Oft fanden Hinrichtungen auch auf dem Marktplatz statt. Hinrichtungen und vor allem Hexenverbrennungen waren damals die reinsten
Volksfeste. Von überall her kamen die Menschen um dem grausigen Schauspiel beizuwohnen. Die Tötungen fanden nicht aus Mordgier statt, sondern vielmehr als Abscheu vor dem Verbrechen der
Hexerei. Die Hexe musste verbrannt und so restlos aus der Welt beseitigt werden. Man band die mit einem aus rohem Leinen gefertigten Büßergewand bekleideten Delinquenten an einen hölzernen
Pfahl und legte ihnen mit Pech getränkte Strohbündel zusätzlich vor die Füße. Mit Erfindung des Schießpulvers wurden den Opfern ein kleines Säckchen davon um den Hals gehängt um den Tod
zu beschleunigen. Hatte die Hexe einen "gnädigen" Henker wurde sie vor Entzünden der Flammen hinterrücks mit einem Dolch erstochen um ihr die Leiden zu ersparen. Von alledem durfte aber
das aufgehetzte Volk nichts bemerken, zumal der Henker nämlich dann Gefahr lief, selbst Opfer der Massen zu werden.
Der Nachrichter verlas nochmals alle Anklagepunkte und das Urteil. Anschließend wurde der Scheiterhaufen unter den Jubelschreien der johlenden
Menge entzündet. Der Scheiterhaufen brannte, bis er in sich zusammenfiel und von der Hexe nur noch ein Häufchen Asche übrigblieb. Dieses wurde in einem Fluß gestreut.
Anna Schwägelin war in Deutschland die letzte Frau die der Inquisition zum Opfer fiel. Im April des Jahres 1775 wurde sie in der Fürstenabtei Kempten enthauptet und anschließend verbrannt. - ENDE - |